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Die arme Automobilindustrie

Dezember 7, 2008

Wenn man in den letzten Tagen die Zeitungen aufschlägt, fragt man sich, ob wirklich die schlausten Menschen unsere Republik und Unternehmen lenken. Deutsche Politker wollen Opel retten und tun so, als hätten sie noch nie etwas von Lehman Brothers und der KfW gehört. Die Thematik habe ich hier ja bereits beleuchtet.

Heute möchte ich generell etwas zur Automobilindustrie loswerden. In diesem so (finanz-)geschichtsträchtigen 2008 sind den Autobossen mehrere Dinge gleichzeitig auf die Füsse gefallen:

a) Die Fahrzeuge wurden von Jahr zu Jahr teurer. Hier reicht die offizielle Inflationsrate nicht aus. Dem Verbraucher wurden in einem neuen Modell ehemals Sonderausstattung gleich miteingepackt und der Wagen deutlich im Preis angehoben. Mit Schönrechnerei wurde suggeriert, daß der Wagen eigentlich billiger ist als sein Vorgänger. Nur mal Hand auf s Herz, brauchen wir wirklich unzählige Elektronikhelfer, damit ein Auto auf der Straße bleibt ? Wer zu schnell fährt ,schmiert ab. Das ist heute noch so. Letztlich fahren die Leute schneller, weil die Grenzen verrutscht sind. Passive Sicherheit wie Airbags, Gurt, etc sind hier ausgenommen. Nur der Anteil der Autokosten ist exorbitant.

b) Der Umwelt wurde kein Gedanke gewidmet. Die Autozeitungen überschlugen sich mit Lobliedern zu immer PS stärkeren Boliden. Perversitäten wie Porsche Cayenne oder AMG SL Variante jenseits des Rennstreckenbedarfs. Der Kunde hat es gekauft und der Deutsche kann ja theoretisch auf der Autobahn Vollgas geben. Deswegen hat man hier das Wettrüsten munter mitgemacht. Die Palette der sogenannten Premiumanbieter hat ja fast kein Auto mehr unter 100 PS. Die 200 sind fast in Reichweite. In den 50er eroberte Deutschland mit dem Käfer Europa – mit 34 PS. Das ist nicht mehr zeitgemäß, ein Mittelklassekombi mit 580 PS ist es aber auch nicht. Letztlich wurde gepflegt ein Beruhigungstropfen nach dem anderen verteilt, damit der Kunde immer schön weiter PS kauft. Doch die Bevölkerung hat ein Umweltgewissen entwickelt.

c) Der Spritpreis schoß in die Höhe und nicht nur der Deutsche – weltweit als Umweltmusterknabe bekannt – erkannte einen Zusammenhang zwischen Zylinder, PS, Verbrauch und dem leeren Geldbeutel an der Tankstelle. Auf einmal sind sogar die sonst so resistenten Amis geläutert und meisterschülern nun im Umweltschonen. Auch wenn der Spritpreis zurückgekommen ist, so weiß jeder Autofahrer, daß wir die Preise diesen Sommers spätestens 2010 wiedersehen. Ein Autokauf ist aber meist langfristig ausgelegt.

d) Die EU und die liebe g/km Richtlinie. Sehr nett von Frau Merkel, hier ein paar Euro Steuerbefreiung zu verschenken. Es darf aber fest davon ausgegangen werden, daß das deutsche Rindviech „Autofahrer“ sich davon nicht blenden lassen wird. Ohne eine Grammgrenze keine Sicherheit für den Familienvater, letztlich kauft er für 5-7 Jahre ein Fahrzeug und möchte dies im Anschluß wieder loseisen. Sollte der Wagen aber über einer noch nicht bekannten Grenze liegen, sinkt der Wert. Abgesehen von 3-5 Jahren nicht bekannter Steuern. Da noch nie etwas günstiger wurde, dürfte so eine „Straf“Grammabgabe die paar Kröten Gutschrift sehr schnell aufzehren. Die Verschrottungsprämie zielt in dieselbe Richtung. Vor allem aus Umweltgesichtspunkten lächerlich, werden doch Tonnen CO2 bei der Produktion eines Fahrzeugs ausgestoßen. In diesem Zusammenhang ist die Aussage von Herrn Stadler, Vorstandsvorsitzender bei Audi im Frühjahr 2007 zur aufkommenden Umweltdebatte herrlich: „Nach all dieser Umweltthematik kräht in 4-8 Wochen kein Hahn mehr“.

Hier könnte ich nun eigentlich bereits aufhören. Die obige Situation beschreibt weltweit die Vorgehensweise einer Industrie, die produzierte ohne nach zu denken. Wenn man sich das nüchtern ansieht, erkennt man ein schwelendes Problem. Für GM & Co wohl schon eher glühend, für andere noch lauwarm. Und dann ging Lehman Brothers Pleite – e)

 

Habe ich Mitleid mit den Autobauern ? Ja, mit den Angestellten, denn die haben auf eine Führung gehofft, die Arbeitsplätze sichert. Doch erneut ein tolles Zitat von Audi: „Wir fahren auf Sicht“. Das sollte mal Herr Zetsche sagen. Der Aktienkurs von Mercedes würde sich vermutlich sofort halbieren. Schönen Sonntag noch.